Hundert Jahre nach der Ermordung des letzten Zaren und der Großfürstin Elisabeth feierte die Kaiserliche Orthodoxe Palästina-Gesellschaft e.V. zusammen mit der Gemeinde der Russischen Kapelle der Hl. Maria Magdalena in Darmstadt und derHll. Neo-Märtt. Elisabeth und Alexandra Förder- und Kultur e.V. zwei hessische Prinzessinnen, die zu Märtyrerinnen des russischen Glaubens wurden.

In der Wissenschaftsstadt Darmstadt, wo die letzte russische Zarin Alexandra Fjodorowna und ihre Schwester Jelisaweta Fjodorowna geboren wurden, widmete die Kaiserliche Orthodoxe Palästina-Gesellschaft e.V. dem tragischen Jubiläum die Sonderveranstaltungen namens “Zarentage 1918 – 2018”.

Zu den Märtyrern, deren Glaubensstärke die russisch-orthodoxe Kirche in diesen Tagen feierte, gehören zwei protestantisch erzogene hessische Prinzessinnen: neben der letzten Zarin Alexandra Fjodorowna, ehedem Alix von Hessen-Darmstadt, deren ältere Schwester Elisabeth (Ella), die von der Moskauer Kirche schon 1992 heiliggesprochen wurde.

Prinzessin Elisabeth, die als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit gerühmt wurde, hatte den Großfürsten Sergej Alexandrowitsch Romanow geheiratet, einen Onkel von Nikolaj II., der Generalgouverneur von Moskau wurde.

Als er 1905 von der Bombe eines Terroristen zerfetzt wurde, fand sie die Kraft, den Attentäter im Gefängnis aufzusuchen, ihm eine Ikone zu überreichen und das Unrecht seiner Tat zu erklären.Sie bot ihm an, ihren Schwager, Zar Nikolaj II., um Gnade für ihn zu bitten. Wie ihre Schwester Alix machte Elisabeth Russlands Glauben und sein historisches Schicksal zu ihrem eigenen. Der Ausspruch Jesu aus dem Lukasevangelium, den sie auf den Gedenkstein für ihren Mann meißeln ließ: „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“, sollen auch ihre letzten Worte in Alapajewsk gewesen sein.

Die Witwe übereignete einen Teil ihres Vermögens der Staatskasse, einen anderen ihren Verwandten und gründete mit dem Rest das für die russisch-orthodoxe Kirche höchst fortschrittliche Moskauer Martha-Marien-Kloster, wo nach dem Vorbild evangelischer Diakonissenstifte mittellose Kranke behandelt, Arme gespeist sowie Waisen und vernachlässigte Kinder unterrichtet wurden. Gleichsam als Abschiedsgruß an die Salonkultur ließ sie ihr weißes Nonnenhabit von dem Jugendstilkünstler Michail Nesterow entwerfen.

Mit Sergej und Ella schließt sich ein weiterer Kreis zum heutigen Darmstadt. Sie waren die ersten Vorsitzenden der Kaiserlich Orthodoxen Palästina-Gesellschaft, die 1882 auf Anregung von Wassili Nikolajewitsch Chitrowo gegründet wurde, nachdem im Jahr zuvor Sergej eine Pilgerreise ins Heilige Land unternommen hatte. Diese Gesellschaft hat die Sowjet-Revolution als Verein außerhalb Russlands überlebt. Ihr Darmstädter Ableger wurde erst vor einem Jahr als eingetragener Verein von Denis Sudobin gegründet.

Die Sankt-Elisabeth-Kirche, wo das Konzert stattgefunden hatte, ist die zweite römisch-katholische Pfarrkirche in Darmstadt. Sie wurde von dem Mainzer Dombaumeister Ludwig Becker im historisierenden Stil erbaut. Diese Kirche trug dem nicht unerheblich gewachsenen Anteil der Katholiken um die Wende zum 20. Jahrhundert Rechnung. Die Innenausstattung mit den Schnitzaltären samt den großen farbigen Fenstern, wurden fast vollständig bei einem Luftangriff im September 1944 zerstört. Deren Restauration ist bis heute noch nicht abgeschlossen.

Die 1905 geweihte Sankt-Elisabeth-Kirche demonstriert mit der Wahl des Patroziniums der Heiligen Elisabeth von Thüringen die regionale Verbundenheit mit der Landespatronin und „Stammmutter“ des Hessischen Herrscherhauses. Im Innenraum steht die Statue der Heiligen.

Die Heilige Elisabeth von Thüringen ist die Landespatronin von Thüringen und Hessen. Sie stellte ihr Leben in den Dienst an Kranke und Bedürftige. In dem Spital, das mit einem Teil von Elisabeths Witwenerbe errichtet wurde, verrichtete sie sogar die niedrigsten Mägdedienste. Sie starb bereits im Alter von 24 Jahren. Die offizielle Verkündigung der Heiligsprechung erfolgte am Pfingstfest, das auf den 27. Mai 1235 fiel.  Die Heilige Elisabeth von Thüringen ist die „Stammheilige“ des Hessischen Hauses. Zu ihren Ehren wurde Prinzessin Ella zunächst auf den Namen Elisabeth, und später in Russland auf Jelisaweta Fjodorowna getauft.

Während der Revolution 1918 verlor das Hessische Herrscherhaus seine Macht. So wurden die beiden Heiligen Vertreter (Heilige Elisabeth von Thüringen und Heilige Jelisaweta Fjodorowna) zu einem würdigen Beginn und Abschluss der ganzen Familie.

Das Benefizkonzert am 18.07 begann um 18:19. Die St. Elisabeth Kirche war nahezu voll besetzt. Über das Konzert wurde in der Presse , wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dem Darmstädter Echo, dem Wiesbadener Kurier und anderen regionalen Zeitungen ausführlich berichtet.

Zunächst sprach Frau Dr. Schlütter, Vorstandsmitglied der Stiftung Heiligenberg, über Prinzessin Ella und deren Verdienste. Sie bedankte sich bei Herrn Sudobin für dieses großartige Programm zum einhundertjährigen Gedenken.

Herr Denis Sudobin begrüßte die Ehrengäste: Frau Stadträtin Fröhlich, Frau Vizekonsulin der Russische Föderation Slobodchuk, Frau Dr. Schlütter, Frau Müller-Merbach von dem Verein Ehrenamt für Darmstadt, alle Konzertgäste und Freunde.

Er bedankte er sich bei allen Vereins- Freunden in einzelnen. Dann übergab er das Konzert an die Chorleiterin Daria Baunund die Moderatorin Inna König.

Der Kirchenchor, der Russischen Kapelle in Darmstadt, hoben in ihrem Auftritt anläßlich der „Zarentage“ eher das weltliche Kulturerbe der Romanows hervor. In der St. Elisabeth Kirche erklangen Gesänge aus den russisch orthodoxen Gottesdiensten, unter anderem auch die alte russische Nationalhymne „Gott schütze den Zaren“ und Instrumentalmusik, wie sie Russlands Zaren einst liebten.

 

  1. Teil

 

  1. „Himmlischer König”, Kiewer Weise
  2. „Der einzig gezeugte Sohn“, Musik: Erzpriester P.I.Turtschaninow
  3. „Trisagion” von der polnischen CD “Wir singen mit den Engeln”, Satz: Nonne I. Denisowa
  4. „Die auf Christus getauft”, traditionelle Weise
  5. „Vater unser”, Musik: N.Кedroff
  6. Ostertroparion „Christus ist auferstanden” in georgischer Sprache
  7. Ostertroparion „Christus ist auferstanden” in deutscher Sprache
  8. „Psalm 104“, Musik: Priester D. Allemanow
  9. „Lobet den Namen des Herrn”, Musik: Erzpriester D. Arsumanow
  10. Troparien nach Psalm 119 „Selig, deren Weg ohne Tadel ist“, Snamennyj Gesang
  11. „Sie haben mich oft gedrängt von meiner Jugend auf“, Musik: N.I.Oserow
  12. „Gottesgebärerin, Jungfrau, freue Dich”, Musik: S. Rachmaninoff
  13. „Es ist wahrhaftig würdig”, Musik: P. Dinjow
  14. „Meine Jahre”, Text: Erzpriester А. Logwinow, Musik: Nonne I. Denisowa

 

  1. Teil

 

  1. „Sonata“ a-moll I. Larghetto, II. Allegro, Musik: Georg Friedrich Hendel (Flöte, Gitarre)
    2. „Ave Maria“, Musik: J.S.Bach-Ch.Gounod
  2. „Suite“ a-moll, Musik: Robert de Visee (Theorbe)
  3. „Tokkata“ d-moll, Musik: J.S. Bach (Orgel)
  4. „Lied aus dem Jahre 1825”
  5. „Ach, du breite Steppe”, russisches Volkslied
  6. „Nocturne“, F.Burgmueller (Flöte, Gitarre)
  7. „Nebliger Morgen”, Text: I. Turgenew, Musik: W. Abasa
  8. „Elegie”, Alexander Iwanow-Kramskoi (Gitarre und Klavier)
  9. „Ich zünde die Kerze an und öffne den Akathistos“, Text T.Akischewa
  10. „Gott, schütze den Zaren”, russ. Nationalhymne (1833-1917), Text: W. Schukowski, Musik:А. Lwow
  11. Polychronion für den Patriarchen, traditionelle Weise

 

Das Publikum bejubelte den Kirchenchor am Ende des Konzertes. Die Gäste waren sehr beeindruckt, solch eine Darbietung auf einem so hohen künstlerischen Niveau hatten sie nicht erwartet.

Am Ende sagte Martin Schaar, Vorstandsmitglied der Gesellschaft: “ Das war für mich so eindeutig. Der Gesang unseres Chores rief die Heilige Elisabeth herbei und diese schenkte uns im Auftrag des Herrn etwas von dem Heiligen Geist, als Dank dafür, daß wir Ihrer gedachten”.

In der Pause konnten die Konzertgäste einige Exponate der Fotoausstellung, die extra zum Konzert gebracht wurde, ansehen. Noch bis zum 5. August präsentiert die Kaiserlich Orthodoxe Palästina Gesellschaft e.V. die Fotoausstellung “Zarentage 1918 -2018. Alix und Ella”.

Sie ist im Designhaus Darmstadt, Eugen-Bracht-Weg 6, auf der Mathildenhöhe, in unmittelbare Nähe der Russische Kapelle, von Freitag bis Sonntag, jeweils von 11 bis 19 Uhr, zu sehen. Die historischen Fotografien verdeutlichen die engen Beziehungen zwischen Darmstadt, Hessen und dem ehemaligen Zarenreich.

 

Text: Martin Schaar

Foto: Dr. Ferdinand Stegbauer

Ein Benefizkonzert erinnert an “ELLA”