Betritt der Besucher einer russischen Kirche den Gottesdienstraum, so fällt ihm sofort die Ikonostase (Bilderwand) auf. Die Ikonostase trennt und verbindet den Gemeinderaum mit dem Altarraum. Die Ikonostase folgt in allen orthodoxen Kirchen dem gleichen Grundstil: In der Mitte befindet sich die „“königliche Tür““. Durch diese Tür kommt Christus, der „“König der Könige““. DerHerr kommt während der Liturgie symbolisch durch diese Tür: Durch das Wort des Evangeliums, denn nur durch das Evangelium kann man in das Reich Gottes kommen, zum anderen durch die Gaben der Hl. Kommunion. So findet man auf den mittleren Türen meist die Darstellung der Evangelisten und eine Darstellung der „“Verkündigung der Allerheiligsten Gottesmutter und steten Jungfrau Maria““. Über der Königstür befindet sich bei vielen Ikonostasen entweder eine Ikone mit der Abbildung des Mandylions, einer Darstellung des Abendmahles oder ein schlichtes Kreuz. Links von der mittleren Tür befindet sich immer eine Ikone der Allhl. Gottesmutter mit dem Christuskind (als Symbol für die Fleischwerdung Gottes), rechts von der mittleren Tür die Ikone des Herrn, Jesus Christus. Neben diesen beiden Hauptikonen befinden sich zwei weitere Türen, durch die die Altardiener gehen. Auf diesen Türen werden immer die Erzengel dargestellt, rechts der Erzengel Gabriel, links der Erzengel Michael. Neben der rechten Tür befindet sich die Ikone des betreffenden Kirchenpatrons oder des Kirchenfestes, dem die Kirche geweiht ist. Neben der linken Tür eine Ikone Johannes dies die Ikonostase durch seitliche Ikonen und Ikonenreihen nach oben erweitert, wobei Darstellungen der Gottesmutter- und Herrenfeste, der Apostel oder der Heiligen gewählt werden.
Die Ikonostase der Darmstädter Kirche folgt diesem Grundprinzip. Allerdings fehlt hier auf der rechten Seite die Patronatsikone und auf der linken Seite die Ikone des Hl. Johannes des Vorläufers, da der kleine Kirchenraum zu schmal war, um eine Ikonostase in voller Breite zu errichten. Aus diesem Grunde befindet sich die Patronatsikone mit der Darstellung der Hl. Apostelgleichen Maria Magdalena im Giebelfeld über dem Eingang zur Kirche. Zur Verehrung für die Gläubigen liegt eine Ikone der Heiligen auf der rechten Seite vor der Ikonostase auf einem Analoj (Ikonenpult). Auf einem zweiten Ikonenpult, links vor der Ikonostase, befindet sich eine Ikone der Allheiligen Gottesmutter von Kazan.
Die aus dunkler Eiche gefertigte, reich geschnitzte Ikonostase wurde von dem bekannten russischen Kirchenmaler Karl T. Neff ausgemalt. Neff malte im westlich-italienischen (Nazarener) Stil. In Russland harte Neff mit seinen Schülern u.a. die Christi Erlöser Kathedrale ausgemalt (es war die größte Kirche Moskaus, im jähre 1932 wurde sie auf Befehl Stalin gesprengt, seit 1995 wird sie wieder aufgebaut) und die mächtige Isaaks- Kathedrale in St. Petersburg (sie wurde von den Kommunisten als atheistisches Museum missbraucht). In Deutschland, wo Neff mehrmals in den Sommermonaten zur Kur weilte, malte er die Ikonostasen der russischen Kirchen in Bad Ems, in Wiesbaden und im Schloss von Remplin aus. Diese Ikonostase befindet seit 1935 in der russischen Kirche zur Auferstehung Christi in Brüssel. Die von Neff gemalten Ikonen entsprechen nicht der russischen Ikonographie mit ihren strengen byzantinischen Vorbildern, sondern folgen dem Zeitgeschmack des 19. Jh. und sind in einem Stil gemalt, der in vielen russischen Kirchen anzutreffen ist, die im 19. Jh. In Westeuropa erbaut wurden. Für die russische Ikonenmalerei ist dieser Stil zwar untypisch, er stellt aber ein wichtiges Zeugnis der „“Verwestlichung““ der russischen Kirchenkunst des 19. Jh. dar. In Neff findet man zweifellos den wohl bedeutendsten Vertreter dieser Kirchenmalerei. Nachdem die kommunistischen Machthaber die meisten Kirchen in Russland aus dem 19. Jh. zerstört haben, bildet dieser Malstil und die Ikonostasen der erwähnten Kirchen in Deutschland ein seltenes und daher kunstgeschichtlich wertvolles Denkmal dieser nur etwa 50 Jahre dauernden Epoche der russischen Kirchenmalerei.
Die Mosaikarbeiten in der Apsis und an den Außenwänden, sowie die reichen Ornamente an den Wänden und Rundbögen, wie auch die beiden Kirchenfahnen neben der Ikonostase wurden von Viktor M. Wasnezow (1848-1926) entworfen. Seine Bedeutung für die russische Kirchenmalerei besteht vor allem darin, dass er sich von dem gerade erwähnten Malstil abwandte und wieder an die altrussische Ikonenmalerei mit ihren strengen Formen anschloss. Sein bekanntestes Werk ist die Ausmalung der monumentalen Hl. Wladimir-Kathedrale in Kiew. Die Mosaikbilder nach den Entwürfen Wasnezows wurden von dem Künstler, Frolov, in St. Petersburg angefertigt und dann in die Darmstädter Kirche eingebaut. Die Ornamente wurden von den Petersburger Künstlern, Professor Perminov und Kusik, ausgeführt.
Das Mosaik in der Apsis des Altarraums zeigt die Gottesmutter mit dem Christuskind auf dem Himmelsthron umgeben von Engeln. Im Rundbogen des Altarraums steht der Text des Lobgesangs nach Lukas 1,46 „“Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich über Gott, meinen Heiland““.
Auf den beiden Kirchen fahnen mit den Darstellungen des Herrn und der Allh. Gottesmutter befinden sich auf der Rückseite Abbildungen der Schutzpatrone des Zarenpaares, des Hl. Nikolaus (Christus-Fahne) und der Hl. Märtyrerin Alexandra (Gottesmutter-Fahne).
Die auf dem linken Ikonenpult zur Verehrung aufgelegte Ikone der Allh. Gottesmutter von Kazan gehörte ursprünglich der Großfürstin Elisabeth, der älteren Schwester der Zarin, Großfürstin Elisabeth hatte diese Ikone einem russischen Mönch, Vater Serafim, geschenkt. Vater Serafim veranlasste dann im Jahre 1918, dass die Gebeine der Großfürstin und der mit ihr ermordeten Nonne Barbara von Sibirien über China ins Hl. Land überführt wurden, wo die beiden Märtyrerinnen in der Krypta der russischen Kirche in Gethsemane ihre letzte Ruhestätte fanden. Nach der Kanonisierung der Neo-Märtyrer wurden die Reliquien der Großfürstin und der Nonne im Kirchenraum vor der Ikonostase zur Verehrung aufgebahrt. Kurz vor seinem Tod schenkte Vater Serafim die Ikone der schwedischen Königin Louise, einer geb. von Battenberg, die sie der Darmstädter Kirche vermachte, wo ihre Eltern im Jahre 1903 getraut worden waren.
An der rechten Kirchenwand befindet sich ein Sarkophag mit dem Grab Christi und einer Darstellung der Herrn im Grab. Auf der Einfassung des Sarkophags stehen die Worte:““ Der ehrwürdige Joseph nahm Deinen allreinen Leib vom Holze herab, hüllte ihn in ein reines Leinentuch, bedeckte ihn mit wohlriechenden Gewürzen und legte ihn in ein neues Grab.““
An den Außenwänden der Kirche befinden sich Darstellungen mit folgenden Heiligen; Im Giebel über dem Eingang die Hl. Apostelgleiche Maria Magdalena, die Schutzpatronin der Kirche, darunter die Hl. Apostelgleiche Großfürstin Olga. An der linken Wand (im Uhrzeigersinn) die Hl. Märtyrerin Alexandra (Schutzpatronin der letzten russischen Zarin), des HI. Zacharias (die Inschrift auf der Stirnbinde lautet „“Heilig dem Herrn““) und der Hl. Elisabeth, die Eltern Johannes des Täufers, des Vorläufers des Herrn. Auf der Apsis ist im oberen Teil die Kursker Gottesmutter vom Zeichen abgebildet (sie ist auch die Wegbegleiterin (Odigitria) der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland), darunter eingerahmt von Pilastern eine Darstellung des Herrn auf dem Thron mit dem Evangelium (Inschrift „“Ich bin das Licht der Welt““). Im Glockenturm im oberen Teil ist der Hl. Alexander Newskij (Inschrift „“rechtgläubig, großer König““) und darunter über dem Seiteneingang der Hl. Sergi) von Radonesh, der Erleuchter des russischen Landes (Inschrift „“Liebet einander““) abgebildet. Links vom Glockenturm befindet sich ein Mosaik des Hl. Nikolaus des Wundertäters, des Schutzpatrons des Zaren Nikolaus II.